Gastein - Investieren nach Plan
Gastein
GASTEINER BERGBAHNEN
Investieren mit Plan / Lebensverlängernde Maßnahmen
Was tun, wenn für fast ein Dutzend Seilbahnen wichtige Ersatzteile einfach nicht mehr lieferbar sind? Nachdem der Support für Produkte der STG Steuerungstechnik Ende 2019 eingestellt wurde, standen die Gasteiner Bergbahnen vor einer echten Herausforderung. Zudem stand die Entscheidung über die Erneuerung der knapp 30 Jahre alten 4er-Sesselbahn Sendleiten an. Und fast zeitgleich brach die Coronakrise mit voller Wucht über den Tourismus herein.
Für die Gasteiner Bergbahnen war klar: Wir brauchen eine fundierte Grundlage für die anstehenden Entscheidungen. Sie beauftragten Salzmann Ingenieure mit der Erarbeitung eines Masterplans für das Skigebiet und einer Risikoanalyse für die STG-Steuerungen. Für die Sendleitenbahn untersuchte das Bregenzer Ingenieurbüro eine Reihe von Varianten. Das Ergebnis: Millionen-Einsparungen und eine klare Priorisierung der anstehenden Investitionen.
Ausgangssituation
Die Hälfte der 22 Bergbahnen im Skigebiet Gastein ist mit Steuerungen von STG ausgestattet. Nach der Firmenschließung übernahm Doppelmayr noch jahrelang die Wartung, doch als Ende 2019 auch der letzte STG-Techniker in Pension ging, war damit endgültig Schluss. Ersatzteile zu bekommen, wurde immer schwieriger. Teils mussten die Bergbahnen gebrauchte Ersatzteile beschaffen – ein unhaltbarer Zustand.
Ein sofortiger Austausch der Steuerungen bei allen elf betroffenen Anlagen hätte Investitionen von mehreren Millionen Euro in die älteren Bahnen bedeutet. Das kam für die Gasteiner Bergbahnen nicht infrage. Schließlich sollte ein Teil der Anlagen in den nächsten Jahren ohnehin erneuert werden. Andererseits konnte und wollte man den Ausfall wichtiger Bahnen während der Saison nicht riskieren.
Auch für die weitere Entwicklung des gesamten Skigebiets stellten sich viele Fragen. Zwei Jahre zuvor hatten die Gasteiner Bergbahnen 70 Millionen Euro in die neue Schlossalmbahn investiert. Für 2020 war der Bau einer neuen 8er-Sesselbahn auf der bestehenden Trasse der Sendleitenbahn bereits geplant. Kostenpunkt: 15 Millionen Euro.
Und dann kam Corona.
„Wir hätten die anstehenden Investitionen sicher auch sonst hinterfragt. Corona hat das beschleunigt. Die Krise hat uns gezwungen, genauer hinzuschauen“, betont Wolfgang Egger, Vorstand der Gasteiner Bergbahnen. „Wir wollten Transparenz und eine Grundlage für nachvollziehbare Entscheidungen. Das verlangen wir schließlich auch von unseren Führungskräften.“
Masterplan mit klaren Prioritäten
Egger holte Salzmann Ingenieure ins Boot. Mit dem Bregenzer Planungsbüro verbindet die Gasteiner Bergbahnen eine langjährige Zusammenarbeit. Die Bregenzer Seilbahnplaner begannen mit der Erarbeitung eines Masterplans für die beiden Teilgebiete Schlossalm und Stubnerkogel. „Die Gasteiner Bergbahnen haben intern eine Fülle von Ideen für Projekte. Unser Job war es einerseits, die Projekte auf Machbarkeit zu prüfen, zu bewerten und zu strukturieren und andererseits unsere externe fachliche Sicht einzubringen“, schildert Geschäftsführer Stephan Salzmann.
In mehreren Befahrungen und Besprechungen wurden die Verbesserungspotentiale genau analysiert. Auf dieser Basis entstand eine Vorstudie mit mehreren Varianten von Seilbahn- und Pistenprojekten. „Wir haben jede einzelne Bahn im Detail untersucht: Alter der Anlage, Förderleistung, Komfort, die zur Verfügung stehenden Pisten, die Einbindung in die Hauptrouten der Skifahrer“, beschreibt Salzmann. „Die Frage lautete letztlich: Wie würde man diese Anlage heute bauen?“ Auch für jede einzelne Station erarbeiteten die Bregenzer Planer ein Stationskonzept.
Nicht machbare Projektideen wurden ausgeschieden. Nach Vorliegen aller Projekte erarbeitete Salzmann gemeinsam mit den Gasteiner Bergbahnen eine Priorisierung. Vorstand Wolfgang Egger ist vom Wert einer solchen Analyse überzeugt: „Wenn wir heute eine Station an der falschen Stelle bauen, steht die dort für die nächsten 35 Jahre. Wir haben gelernt: Wir müssen immer wieder Varianten prüfen, um die beste Option zu finden.“
Retrofit als beste Lösung
Genau das taten die Gasteiner Bergbahnen auch für die 4er-Sesselbahn Sendleiten. Die Erneuerung auf der bestehenden Trasse war im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Schlossalmbahn bereits genehmigt worden. Doch der erwartete Anstieg der Fahrgastzahlen nach der Inbetriebnahme der Schlossalmbahn blieb aus. „Wir haben in den ersten beiden Wintern gesehen: Die Gäste fahren auf den neuen Pisten oft direkt ins Tal, anstatt in der Mitte zur Sendleitenbahn abzufahren“, schildert Vorstand Wolfgang Egger.
Die 15-Millionen-Euro-Investition musste deshalb auf den Prüfstand. Salzmann Ingenieure untersuchte fünf Varianten – vom kurzfristigen Weiterbetrieb ohne Investition für wenige Jahre über ein Retrofit-Konzept bis zum Ersatz durch eine 4er-, 6er- oder 8er-Sesselbahn.
Die Abwägung von Kosten und Nutzen brachte schließlich eine klare Entscheidung für ein Retrofit der bestehenden Bahn. Baugruppen, die sich an der Verschleißgrenze befanden oder für die keine Ersatzteile mehr verfügbar waren, wurden ausgetauscht. So wurde die Bahn fit gemacht für einen Betrieb bis zur Generalrevision im Jahr 2032.
„Mit der Retrofit-Untersuchung haben wir das Beste aus der Situation gemacht. Mit der Sanierung für 1,4 Millionen Euro haben wir eine günstige, mittelfristige Lösung für die Sendleitenbahn gefunden“, ist Christian Hochreiter, Technischer Leiter für den Bereich Bad Hofgastein, überzeugt. „Der Neubau wird langfristig wohl folgen, die Genehmigungen liegen bereits vor.“
Risiko und Aufwand begrenzen
Erster Schritt für den Austausch der STG-Steuerungen war eine Risikoanalyse: Gemeinsam mit den Betriebsverantwortlichen erhob das Team von Salzmann Ingenieure den Zustand der Steuerungen. Die Beteiligten schätzten die Eintrittswahrscheinlichkeit möglicher Defekte und recherchierten die Verfügbarkeit von Ersatzteilen. Auch die Auswirkungen eines Ausfalls der jeweiligen Bahn für das Skigebiet ließen Salzmann Ingenieure in ihre Analyse einfließen.
Ergebnis war auch hier eine klare Priorisierung. Bis 2023 sollen pro Jahr zwischen 400.000 und 800.000 Euro in die Erneuerung der Steuerungen fließen. „Die Anlagen lassen sich so mit einem vertretbaren Aufwand weiterbetreiben, gleichzeitig konnten wir das Risiko für den Betrieb begrenzen“, freut sich Stephan Salzmann.
Vorstand Wolfgang Egger ist „überzeugt, dass es, ähnlich wie bei den Pistengeräten, auch bei den Bahnen eine deutliche Verlängerung der Lebensdauer geben wird. Wir können jeden Euro bekanntlich nur einmal ausgeben – und den müssen wir optimal zum Nutzen unserer Gäste einsetzen.“
Die Zeitschrift SI Seilbahnen International hat berichtet. HIER geht es zum Bericht.